Organisation

Das Curriculum umfasst 50 Unterrichtseinheiten (UE) á 45 min und wird in 2 Modulen durchgeführt.
Modul 1 (25 UE) findet an drei Tagen als Präsenzveranstaltung statt (Freitagnachmittag / Samstag / Sonntag).
Modul 2 (25 UE) findet an drei Tagen als Online-Veranstaltung statt (Freitagnachmittag / Samstag / Sonntag).

Das Curriculum entspricht dem (Muster-)Kursbuch der Bundesärztekammer (Stand: 05.02.2022). Sie schließt mit einem Zertifikat ab.

Anmerkung zur Kammerprüfung:
In der neuen WBO wurde 2020 für die Suchtmedizinische Grundversorgung eine Kammerprüfung eingeführt, die als kollegiales Gespräch gestaltet wird. Jegliches prüfungsrelevante Wissen ist in unserem Kursprogramm integriert.

Inhalte Curriculum Suchtmedizinische Grundversorgung

Suchterkrankungen, sowohl durch legale als auch durch illegale Drogen, stellen besondere Anforderungen an die Qualifikation von Ärzten in der Grundversorgung. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat im September 1998 eine besondere Fachkunde „Suchtmedizinische Grundversorgung” beschlossen. 2003 wurde diese Qualifikation durch Beschluss des Deutschen Ärztetages als Zusatzbezeichnung in die (Muster-) Weiterbildungsordnung aufgenommen.
Diese Zusatz-Qualifikation soll der Vermittlung, dem Erwerb und dem Nachweis von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Prävention, Diagnostik, Therapie und Frührehabilitation von Suchterkrankungen dienen, welche über die im jeweiligen Gebiet aufgeführten Inhalte hinausgehen.

Das vorliegende Curriculum orientiert sich inhaltlich am (Muster-) Kursbuch „Suchtmedizinische Grundversorgung“ der Bundesärztekammer, Stand: 02.05.2022 (Beschluss des Vorstands der Bundesärztekammer).

  • Zugleich berücksichtigt dieses Curriculum der AIM die Veränderungen und neue
    Entwicklungen in der suchtmedizinischen Versorgung des letzten Jahrzehnts.
  • Dies wird durch die Auswahl des Dozententeams gewährleistet, die in diesem Bereich über eine internationale Expertise
    verfügen.

Musterstundenplan

Der Musterstundenplan erfolgt analog der WBO (Ärztekammer Niedersachsen), Stand 01.01.2023.
Im Rahmen unseres Gestaltungsspielraums werden zusätzlich additive komplementäre Konzepte vermittelt (NADA– Protocol der National Acupuncture Detoxification Association, Detox-Therapie, Mikronährstoff-Substitution)

 

Grundlagen

  • Zieldefinition der Arbeit mit Abhängigkeitserkrankungen und Paradigmen der Behandlung, Diagnostik und Epidemiologie inkl. Klärung der Begrifflichkeiten und diagnostischen Kriterien wie bspw. Intoxikation, risikoarmer/gesundheitsschädlicher Gebrauch (WHO- Kriterien für schädlichen Gebrauch), schädlicher Gebrauch/Missbrauch, Abhängigkeit, Entzugssyndrom, Wandel der diagnostischen Herangehensweise (ICD-10/11 vs. DSM-5) sowie Gesundheitskosten von Suchterkrankungen und riskantem Gebrauch
  • Entzugssyndrome und -komplikationen, Intoxikationssyndrom und -komplikationen
  • Nicht stoffgebundene Suchterkrankungen, bspw. Glücksspiel, internetbezogene Störungen
  • Individuelle Entwicklung des problematischen Suchtmittelkonsums (Ursachen, Verlauf, biopsychosoziale und neurobiologische Grundlagen)
  • Reflexion eigener und patientenbezogener Vorstellungen, Haltungen und Probleme
  • Wechselwirkungen zwischen Substanzkonsumstörung und anderen psychischen Erkrankungen
  • Alters- und geschlechterspezifische Besonderheiten: z. B. Schwangerschaft, hohes Lebensalter
  • Phasenbezogene Motivation von Menschen mit problematischem Suchtmittelkonsum; Hierarchie von Behandlungszielen
  • Aufgaben, Leistungen und Zugangswege der Suchtkrankenhilfesysteme (Finanzierung); regionale Versorgungssysteme, Suchtkrankennetzwerke und komplementäre Hilfen
  • Rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Versorgung und Behandlung von Patienten mit Substanzgebrauchsstörungen,z. B. Fahrtauglichkeit, Kindeswohlgefährdung, häusliche Gewalt inkl. relevanter Aspekte des Betäubungsmittelgesetzes und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung sowie Unterbringungen nach PsychKG und BGB; Vorgehen bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung
     

Einführung in die besonderen Aspekte des Kindes- und Jugendalters

  • Entwicklungspsychologische und -biologische Voraussetzungen von Substanzkonsum und -missbrauch im Kindes- und Jugendalter
  • Verbreitung von Substanzkonsum und –missbrauch, Konsummuster und klinische Epidemiologie im Kindes- und Jugendalter;
  • Kinder aus suchtbelasteten Familien
    • Erkennen von Gefährdungspotential
    • Interventionsmöglichkeiten
  • Behandlungsstrukturen im Kinder- und Jugendbereich - Qualifizierte Entzugsbehandlung
    • Postakutbehandlung der Grundstörung
    • Medizinische Rehabilitation und Nachsorge
    • Suchtspezifische Jugendhilfe
    • Besonderheiten im Suchthilfeangebot der Bundesländer

Tabak und verwandte Erzeugnisse

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit schädlichem und abhängigem Tabakkonsum
    • Screening und Diagnostik der Tabakabhängigkeit
    • Entzugssymptome
    • Wirkungen und Überdosierungserscheinungen von Nikotin
  • Konsumformen
    • Zigaretten, Zigarillos, Zigarren
    • Tabakerhitzer (Heater)
    • E-Zigaretten (Liquids)
    • Weitere neue Entwicklungen
  • Frühintervention
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten zur Konsumbeendigung und Stabilisierung der Abstinenz
  • Therapiemöglichkeiten
    • Niederschwellige Angebote zur Beratung und Begleitung eines Abstinenzvorhabens, z. B. Telefon, Internet, App, Selbsthilfe
    • Einführung in psychotherapeutische Verfahren
    • Pharmakologische Therapieformen
    • Andere Therpieformen

Alkohol

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit riskanten, schädlichem und abhängigem Alkoholkonsum
    • Screening und Diagnostik alkoholbezogener Störungen, beispielsweise
    • Riskanter, schädlicher und abhängiger Konsum
    • Alkoholintoxikation
    • Alkoholfolgeschäden, inkl. FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder)
    • Nachweismethoden (z. B. EtG, Peth etc.)
    • Entzugssymptome
  • Frühintervention u. niederschwellige Hilfen
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten, beispielsweise
    • Direkte Ansprache von Konsumenten / Kurzintervention
    • Digitale Technologien (z. B. Konsumtagebuch-App)
    • Chancen und Risiken von reduziertem Trinken/ kontrolliertem Konsum
  • Therapiemöglichkeiten
    • Behandlung alkoholbezogener Störungen, insbesondere
    • Qualifizierte Entzugsbehandlung sowie Komplikations- und Notfallmanagement
    • Medikamentöse Rückfallprophylaxe
    • Harm Reduction
    • Komorbidität von psychischen Störungen und Alkoholmissbrauch bzw.-abhängigkeit
    • Schnittstellenmanagement mit dem Suchthilfesystem - Abstinenzbegleitung
    • Hilfe zur Selbsthilfe

Cannabis

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit riskantem, schädlichem und abhängigem Cannabiskonsum
    • Screening und Diagnostik cannabisbezogener Störungen
    • Riskanter, schädlicher und abhängiger Konsum
    • Entzugssymptome
  • Frühintervention
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten
  • Psychische Störungen im Kontext mit Cannabiskonsum, beispielsweise
    • Amotivationales Syndrom (AMS)
    • Psychosen und affektive Störungen
    • Kognitive Störungen
  • Therapiemöglichkeiten
    • Behandlung cannabisbezogener Störungen
    • Pharmakologische Begleitung des Entzugs

Medikamente

  • Grundlagen
    • Medikamente mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential: Sedativa, Hypnotika, Opioid-Analgetika, Cannabinoid-Medikamente, Gabapentinoide, Stimulantien
    • Möglichkeiten und Grenzen bei der Behandlung von Patienten mit riskantem, schädlichem und abhängigem Medikamentenkonsum, Low-Dose-Abhängigkeit
    • Medikamente mit Missbrauchspotential ohne Abhängigkeit (z. B. nichtopioide Analgetika, Laxantien, Hormone, Diuretika, Psychopharmaka)
    • Mischformen sowie multipler Medikamentengebrauch (z. B. Opioide und Benzodiazepine)
    • Pharmakologische „over the counter“ Medikamente mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential
    • Epidemiologie, Interaktionen und Wechselwirkungen bei Polypharmazie
  • Indikationen und Kontraindikationen der Medikamente
  • Substanzspezifische Diagnostik von bestimmungsgemäßem und nicht bestimmungsgemäßem Konsum, Entzugssymptome und Therapie, Komplikations- und Notfallmanagement
  • Frühintervention
    • Kenntnisse zu Risikogruppen und -faktoren, präventiven Möglichkeiten und Maßnahmen
  • Therapie (substanzspezifisch) der medikamentenbezogenen Störungen und ihrer psychischen Komorbiditäten
    • Pharmakologische Therapie
    • Psychotherapie
    • Auswahl des suchtmedizinischen Settings
    • Rückfallprophylaxe

Nicht substanzgebundene Abhängigkeiten

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit nicht substanzgebundenen Abhängigkeiten
    • Beispiele nicht substanzgebundener Abhängigkeiten wie: Internetnutzungsstörungen, Computerspielsucht, medienbezogene Süchte, Glücksspielsucht, andere Verhaltensgewohnheiten mit Merkmalen von Abhängigkeitserkrankungen
    • Diagnostik und Screeningverfahren
  • Prävention, Früherkennung und Intervention/ psychosoziale Begleitung
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten

Illegale Substanzen

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit riskantem, schädlichem und abhängigem Konsum illegaler Substanzen und neuer psychoaktiver Substanzen (NPS)
    • Illegale Drogen und die Rolle der medizinischen Primärversorgung
    • Überblick Betäubungsmittelgesetz und Rechtsvorschriften
    • Screening und Diagnostik
    • Epidemiologie, Pharmakologie, Wirkungen und Klinik der häufig gebrauchten illegalen Substanzen, bspw.
    • Sedativa
    • Stimulantien
    • Entaktogene/Halluzinogene
    • Neue psychoaktive Substanzen
    • Intoxikation, Entzugssymptome und Therapie, Komplikation und Notfallmanagement
  • Frühintervention
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten
  • Diagnostik und Therapie
    • Nachweismethoden: Screeningverfahren und laborchemische Diagnostik
    • Diagnostik der häufigsten somatischen und psychischen Komorbiditäten
    • Übersicht zu speziellen Methoden der Intervention, Therapie und Rehabilitation
    • Integration und Koordination medizinischer und psychosozialer Therapien im Suchtkrankenhilfesystem

Opioide (Illegale u. illegal erworbene Opioide)

  • Grundlagen
    • Möglichkeiten und Grenzen von Ärzten bei der Behandlung von Patienten mit riskantem, schädlichem und abhängigem Opioidkonsum
    • Spezielle Substanzkunde: Illegale Opioide und Substitutionsmittel
    • Epidemiologie, Pharmakologie und Klinik
    • Screening und Diagnostik des schädlichen Gebrauchs und der Abhängigkeit
    • Somatische und psychische Komorbiditäten
    • Entzugssymptome und Therapie, Komplikations- und Notfallmanagement
  • Frühintervention
    • Überblick und Einführung in die Interventionsmöglichkeiten
  • Therapiemöglichkeiten
    • Therapie der Störungen und ihrer psychischen Komorbiditäten
    • Pharmakologische Therapie: Entzugstherapie, Substitution
    • Psychotherapie
    • Auswahl des suchtmedizinischen Settings
    • Rückfallprophylaxe

Substitutionstherapie

  • Indikationen, Behandlungsziele und -konzept, rechtliche Rahmenbedingungen (BtMG, BtMVV, Richtlinie der BÄK zur Substitution, MVV-RL) und organisatorische Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung, Substitutionsregister
  • Diagnostik, Planung, Einleitung, praktische Durchführung, Qualitätssicherung, Teilnahme an Qualitätszirkeln
  • Spezielle Probleme und Lösungsansätze (z. B. riskanter Beigebrauch, Diagnostik von Beigebrauch, Komorbiditäten, Kriseninterventionen, Kindeswohl, Take-Home- Verordnung)
  • Pharmakologische Grundlagen (differenzierter Einsatz von Substitutionsmitteln, Dosierung, Wechsel des Substitutionsmittels)
  • Psychosoziale Begleitung, komplementäre Hilfen, Reintegration und Rehabilitation bei Substitutionspatienten
  • Diamorphingestützte Substitution: Indikation, rechtliche und organisatorische Voraussetzungen, Besonderheiten der
    Durchführung (Diagnostik, Therapie und psychosoziale Begleitung)
  • Praktische Durchführung der Opiat-Substitutionstherapie, Fallbeispiele

Psychotherapeutische und psychosoziale Interventions- und Behandlungsmöglichkeiten

  • Grundlagen der Arzt-Patient-Beziehung
    • Unterschiedliche Formen der Arzt-Patient-Beziehung
    • Reflexion/Selbsterfahrung zu eigenen Einstellungen gegenüber problematischem Suchtmittelkonsum
    • Reflexion/Selbsterfahrung zu positiven und negativen Behandlungserfahrungen
    • Stadien der Veränderung (Transtheoretisches Modell)
  • Basisfertigkeiten und Strategien in der Motivierenden Gesprächsführung
    • Grundlagen und theoretische Modelle in der Motivierenden Gesprächsführung mit Grundhaltung und Prozessen sowie Basisstrategien der      Gesprächsführung in Therapie und Beratung
    • Praktische Durchführung und Üben der Motivierenden Gesprächsführung bei bspw. Rückfall, Widerstand und schwierigen Situationen, strukturierten Kurzinterventionen und typischen Fällen im Behandlungs- und Beratungsprozess

       

  • Kenntnisse spezifischer psychotherapeutischer Interventionen
    • Kontrollierter Konsum: Vermittlung der Therapieprinzipien, zieloffene Suchtarbeit, Chancen und Risiken
    • Techniken und Methoden aus der kognitiv-behavioralen Therapie:
    • Vermittlung von psychoedukativen Modellen zur Entwicklung einer Abhängigkeit, zu Rückfällen, Suchtdruck, etc.
    • Vermittlung von basalen Therapiestrategien, die ohne psychotherapeutische Vorkenntnisse im klinischen Alltag der Primärversorgung umgesetzt werden können (z. B. Konsumtagebücher, Konsumanalysen, Kontingenzmanagement, Abstinenzkonto)
  • Kontinuierliche Zusammenarbeit des Arztes mit dem Suchtkrankenhilfesystem
    • Unterstützung bei qualifiziertem Entzug und Entwöhnung
    • Psychosoziale Betreuung im Rahmen der Substitution bei Opiatabhängigkeit
    • Etablierung und Beteiligung an regionalen Netzwerken
  • Praktische Übungen zur Umsetzung und Motivierender Gesprächsführung

Förderung

Finanzielle Förderung der Kursgebühren

Gibt es eine(n) Zuschuss/ Förderung von den Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Zusatz-Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung?


Die Kosten des Erwerbs der Zusatzbezeichnung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ wird in einigen Bundesländern mit einem Einmalbetrag in Höhe von maximal 1.000 Euro - zur nachträglichen Erstattung der Teilnahmegebühren sowie für entsprechende Prüfungsgebühren und sonstige Aufwendungen - gefördert.

Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an Ihre KV.